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Unsere Verantwortung ist es, nicht mitzuspielen - Interview Special mit Vera Strauch

Christine | VISION SESSION | Die Vision führt uns an! - Der Podcast für visionäre Team- und Organisationsentwicklung

Wir haben als Coaches und Berater*innen die Chance, etwas Eigenes in die Welt zu geben. Unsere eigenen Impulse zu setzen und für etwas einzustehen. Warum es dabei so wichtig ist, sich nicht anzupassen und mitzuspielen, wenn wir die heutige Arbeitswelt verändern wollen, erzählt uns Vera Marie Strauch im Interview. Vera hat ihre Konzernkarriere als Geschäftsführerin eines Bauunternehmens bewusst hinter sich gelassen und mit der Female Leadership Academy erfolgreich ihr eigenes Business gegründet. Sie verrät uns, wie ihre Arbeit heute aussieht, welche große Vision sie anführt und warum es wichtig ist, den Menschen ins Zentrum zu rücken. 

 

 

Liebe Vera, magst du uns einmal ein paar Dinge zu dir und deiner Person erzählen? 

Vera: Ja, sehr gerne. Ich komme ursprünglich aus der Wirtschaft. Ich habe BWL studiert, darin mein Diplom und anschließend im Ausland meinen Master gemacht. Beruflich habe ich mich eher im internationalen Wirtschaftsbereich bewegt. Ich habe viele Jahre für einen großen Konzern in der Bauindustrie gearbeitet und habe damit so eine Muster-Konzernkarriere durchlaufen. Die letzten 3 Jahre dieser Karriere habe ich in einem Bauunternehmen gearbeitet. Hier habe ich relativ jung eine Geschäftsführungsrolle übernommen. Das Unternehmen hatte mehr als 100 Mitarbeitende und verschiedene Standorte.

 

In 2017 habe ich meinen Job gekündigt und bin in die Gründung gegangen. Seitdem mache ich zum einen den Female Leadership Podcast, in dem ich meine Gedanken und Ideen teile. Zum anderen beschäftige ich mich aber auch mit dem Thema Bildung in Organisationen, also damit, wie wir Bildung und Lernen in Organisationen anders umsetzen können. Mir geht es darum, dass Menschen in Organisationen ihre Freude am Lernen wiederentdecken. Und dass sich dadurch Organisationskultur transformiert. Im Besonderen arbeite ich hier mit Blended-Learning-Konzepten und vorrangig in der Female Leadership Academy, einer Academy für Führungsfrauen. 

 

 

Was würdest du sagen war der Grund für deinen Austritt aus der Baubranche? Gab es da eine Entwicklung oder einen bestimmten Moment für dich? 

Vera: Den einen Moment gab es nicht. Es war ein Stück weit Intuition. Ich weiß aber, dass mich die Wahl von Donald Trump aufgewühlt hat. Auch als Frau. Ich habe mich davon bedroht gefühlt und gedacht: "Was passiert, wenn in so einem Land sowas möglich ist?"  Und es gab auch andere gesellschaftliche Entwicklungen, die mich störten. Dadurch habe ich immer mehr eine Verantwortung gespürt. Wenn ich das jetzt nicht mache, mit all den Privilegien, die ich habe, wer soll es dann machen? 

 

 

Magst du uns hier einen Einblick in Arbeit der Female Leadership Academy geben? 

Vera: Ja gerne. Es gibt in der Female Leadership Academy zum einen klassische Trainings. Also Formate, in denen Menschen physisch zusammenkommen. Aber wir nutzen zusätzlich auch unterschiedliche digitale Tools. In unserem Kernprogramm gibt es zum Beispiel tägliche Übung für den Alltag. Jeden Tag gibt es Impulse für die Teilnehmerinnen, aber auch Gruppen-Sessions und Live-Sessions. Wir arbeiten gemeinsam zu Themen, wie Achtsame Selbstführung, Zeitmanagement, Selbstorganisation, Kommunikation. Und wir schauen darauf, was jede Einzelne in ihren Systemen bewirken und verändern kann.

 

Ich bin der Überzeugung, dass wir ein anderes Selbstverständnis von Führung brauchen. Daher auch der Name Leadership. Mir geht es um eine eher amerikanische Auffassung. Das bedeutet für mich, dass sich das Verständnis einer Organisation nicht durch ein Oben und ein Unten kennzeichnet. Und dass es nicht das Ziel sein kann, durch eine Karriere von unten nach oben zu gelangen. Sondern, dass wir vor allem andere Organisationsformen brauchen. Die aber ganz individuell geschaffen werden können. Das ist für mich der Weg der Zukunft. 

Und hierbei vermischen sich auch gesellschaftliche Themen mit organisationalem Lernen?

Vera: Ja, wir müssen vor allem begreifen, dass Wirtschaft und Gesellschaft ineinander greifen. Viel zu häufig betrachten wir Wirtschaft und Gesellschaft noch getrennt voneinander. Meines Erachtens hat sich die Wirtschaft in den letzten Jahren viel zu wenig in der Verantwortung gesehen, Gesellschaft bewusst mitzugestalten. Das zeigt sich zum Beispiel schon daran, in wen und in was in Unternehmen überhaupt investiert wird. Wer darf überhaupt an Fortbildungen teilnehmen? Zum Teil wird sehr viel Geld für einzelne Personen ausgegeben. Andere wiederum müssen im Büro bleiben und werden nicht zur Weiterbildung geschickt. Dazu zählen recht häufig Frauen, das habe ich selbst erlebt. Und bei dem Thema Investition spielt für mich auch das Buzzword New Work mit hinein. Also es geht nicht nur um die Anschaffung des Kickertisches. Sondern wir brauchen auch Investitionen in reflexive Räume, in denen ein Bewusstsein dafür entstehen darf, wie wir miteinander arbeiten wollen.


Vera Marie Strauch

Was würdest du denn sagen, geht die Female Leadership Academy noch einmal in die Öffnung? Also sind in Zukunft auch die Herren willkommen, oder bleibt es female

 

Vera: Ja, das ist eine Frage, die mich schon länger begleitet. Auch damals, als der Podcast erschienen ist, habe ich mir Rückmeldungen zum Namen eingeholt. Ich tue mich grundsätzlich immer schwer mit dieser binären Erhaltung. Ich verstehe mich auch in erster Linie als Mensch. Also nicht vordergründig als Frau, sondern als Mensch. Und diese Öffnung für alle ist auf jeden Fall der Weg in die Zukunft, den ich auch so sehe. Gleichzeitig ist es aber auch so, dass wir so sehr in diesen binären Strukturen erzogen und sozialisiert werden, dass wir noch viel offener genau darüber sprechen müssen. 

 


Was sind denn nun die Unterschiede zwischen Mann und Frau? Es spielt eine so große Rolle an so vielen Stellen in unserem Leben. Also denken wir beispielsweise nur mal an die Umkleidekabinen in den Schulen, die schon Kinder qua Geschlecht trennen. Ich finde, wir müssen erst einmal diesen Diskurs führen und ihn auch viel bewusster führen, um dann entscheiden zu können, wie wir sein wollen. Was wir sein wollen und vielleicht auch nicht mehr sein wollen. Meine Intention ist es, erst einmal ein Bewusstsein dafür zu schaffen. Und deswegen gibt es da noch den geschützten Raum in der Academy. Gleichzeitig sehe ich natürlich auch, dass es sich in Zukunft noch in eine andere Richtung bewegen wird. 


In diesem Podcast hier geht es ja um Neues Arbeiten und die Visionsarbeit. Was ist denn deine Vision, die dich anführt?

Vera: Es gibt so verschiedene Stufen davon. Auch in der zeitlichen Dimension, in der ich mich bewege. Das große Bild ist auf jeden Fall, dass ich gerne in der Arbeitswelt den Menschen mehr ins Zentrum rücken möchte. Da geht es mir um die Art, wie wir zusammen arbeiten. Aber auch darum, wie wir uns selbst und unser Potenzial entdecken und nutzen können. Und ja, ich habe mich da der Wirtschaft verschrieben. Weil ich denke, dass man hier noch so viel bewegen kann. 

Wenn du den Hörer*innen noch etwas mitgeben dürftest, was würdest du mitgeben wollen?

Vera: Es ist sehr verlockend, sich selbst und anderen zu raten, sich anzupassen und mitzumachen. Aber es geht darum, dass wir das System verändern. Es geht nicht darum, Menschen an Systeme anzupassen. Es ist für mich eine Erinnerung, die sich immer wieder lohnt. Es gibt eine Verantwortung, die wir tragen. Die Verantwortung, uns in den Diskurs einzubringen,  Dinge neuzudefinieren und sich dabei nicht kleinmachen zu lassen. 

 



Vera Marie Strauch

Vera Marie Strauch

engagiert sich für New Work und die Förderung von Frauen in Führungspositionen. Mit der Female Leadership Academy hat sie individualisierte Lernprogramme und Online-Kurse aus der Praxis für die Praxis entwickelt. Mit ihrem Female Leadership Podcast erreicht sie wöchentlich Tausende Hörer*innen in Deutschland, Österreich und der Schweiz. Weitere Informationen zu Vera findet ihr auch unter: www.verastrauch.com 

 

 




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