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VR-Coaching und Beratung

Was bringt Virtual Reality in der Beratung? - Interview mit Stefan Wierzbitza

Christine | VISION SESSION | Die Vision führt uns an! - Der Podcast für visionäre Team- und Organisationsentwicklung

Wie kann Beratung im virtuellen Raum aussehen? Welche Vorteile bietet VR-Beratung gegenüber klassischer videogestützter Beratung? Und was ist im virtuellen Raum alles möglich? Darüber spreche in dieser Folge mit meinem Interviewgast Stefan Wierzbitza. 

 

Stefan ist Soziologe und systemischer Berater. In der Pandemie-Zeit hat er sich intensiv mit dem Thema Virtual Reality beschäftigt. In der Podcastfolge teilt er seine Erfahrungen mit dem VR-Coaching und spricht auch von kritischen Punkten in Bezug auf VR. 


VR Coaching Vision Session

 

 

Lass uns gleich mal ins Thema einsteigen. Stefan, magst du uns mal erzählen, wie du dazu gekommen bist, VR für die Beratung zu nutzen?

Stefan: Es war tatsächlich ein Zufall. Während Corona habe ich von verschiedenen Seiten gehört, dass Videokonferenzen nun die Zukunft der Beratung sind. Dieser Satz hat mich jedoch sehr getriggert, denn ich dachte mir: „Videokonferenzen, das ist doch nichts Neues. Diese Technologie gibt es schon seit 20 Jahren.“  

 

Deshalb habe ich mir überlegt, was es denn sonst noch Innovatives für die Zukunft der Beratung gibt, auf das wir bisher noch nicht schauen. Und da war VR relativ naheliegend für mich, auch wenn ich bis dahin noch keine Andockpunkte zu diesem Thema hatte. Doch ich dachte mir: "Das finde ich heraus." 


Und so habe ich angefangen, YouTube-Videos zu VR-Projekten zu schauen und habe dabei festgestellt, welches Potenzial für die Beratung darin steckt. Dann habe ich mir eine VR-Brille gekauft und die ersten Versuche damit gestartet.

 

Welche Punkte waren für dich beim Kauf einer VR-Brille wichtig?

Stefan: Ich habe mir erst einmal überlegt, was will ich eigentlich damit? Für meinen Gebrauch in der Beratung hat sich dann eine Brille angeboten, die portabel ist und nicht an den Laptop angeschlossen werden muss. Also ein Gerät, in dem die ganze Technik schon in der Brille verarbeitet ist und man sich deshalb frei damit bewegen kann. Dann habe ich mir angeschaut, welche Anwendungen es für die VR-Brillen gibt. Dabei bin ich auf Anwendungen gestoßen, in denen man eine Umgebung hat, in der man sich selbst frei bewegen kann und auch Objekte bewegen kann. Das finde ich besonders wichtig, um Aufstellungsarbeit durchzuführen. 

 

Gerade in Videokonferenzen fehlt der Raum um uns, der auf uns einwirkt und in dem wir Ergebnisse festhalten können. Wie sieht das in VR aus? Ist der Raum hier als wirklicher Raum erlebbar?

Stefan: Definitiv. Es ist tatsächlich Raum mit allem, was dazu gehört. Man hat die Möglichkeit, sich in verschiedene Räume zu teleportieren. Jeder Raum kann dabei alles sein, zum Beispiel eine mittelalterliche Burg, ein Strandszenario, eine Weltraumstation, ein Wald, ein Gerichtssaal etc. Was es aber am häufigsten gibt, sind Wohnzimmer, in denen sich die Leute virtuell treffen können. Und in dem Raum ist auch alles möglich, was im realen Leben möglich ist: Man kann miteinander sprechen, sich im Raum frei bewegen oder Spiele miteinander spielen. Jeden Raum kann es auch unendlich oft geben. Und man kann entscheiden, ob der Raum privat ist und wer dazu Zutritt haben soll. 

 

Welche Erfahrungen hast du bisher mit der VR-Beratung gesammelt?

Stefan: Ich habe bisher experimentelle Beratung-Sessions mit Menschen aus meinem Nachbarschaftsnetzwerk durchgeführt, die ich kostenlos angeboten habe. Dabei war es mir wichtig, dass die Menschen bei mir vor Ort sind, damit ich die Technik im Blick behalten kann. Und ich habe jederzeit die Möglichkeit offengelassen, dass wir in ein normales Beratung-Setting wechseln können.

 

Und welche Vorteile haben sich dabei für dich im virtuellen Raum gezeigt?

Stefan: Für mich liegt ein großer Vorteil bei dem Thema Aufstellungsarbeit, bei dem man bei klassischen Videokonferenzen meiner Meinung nach häufig an seine Grenzen stößt. Durch die VR-Anwendung hat man hier das Gefühl, sich wirklich mit der anderen Person im selben Raum zu befinden und zu interagieren. Man fasst das auch unter dem Begriff "Immersion", also man fühlt sich wirklich hereingezogen in den virtuellen Raum. Hier kann man zum Beispiel gemeinsam mit virtuellen Stiften arbeiten und etwas auf den Boden malen. Es ist tatsächlich ein unglaubliches Gefühl der Präsenz, das man mit Video so nicht hinbekommt.

 

Bietet VR auch Möglichkeiten, die es in der realen Welt so nicht gibt?

Stefan: Ja, auch das gibt es. In der virtuellen Welt ist zum Beispiel die Größe nicht vorgegeben. Ich nutze gerne die Zwerg-Riesen-Methode. In VR haben wir die Möglichkeit, in Avatare hineinzuschlüpfen, die beispielsweise 30 Zentimeter groß sind oder die 5 Meter groß sind. Das macht natürlich auch eine Aufstellungsarbeit ganz anders. Häufig schauen wir uns ja am Ende einer Aufstellung die Arbeit mit ein bisschen Abstand an. Diesen Abstand kann man mit einem Avatar als 5 Meter großer Riese real aus der Vogelperspektive betrachten. Wir können hier also ganz andere Perspektiven anbieten und erfahrbar machen als in der klassischen Beratung. 

 

Eignet sich VR auch für Teams, um über die Distanz zusammenzuarbeiten?

Stefan: Wir können VR sehr gut nutzen, um zum Beispiel Weiterbildungen über große Distanzen durchzuführen. Im virtuellen Raum spielen Nähe und Distanz eine Rolle. Das heißt umso näher uns jemand im virtuellen Raum ist, umso lauter können wir die Person auch hören. So sind zum Beispiel auch Seitengespräche möglich. In Videokonferenzen ist das nicht so. Hier sind prinzipiell alle gleichlaut und wir haben nicht den Raum zum Austausch zur Verfügung. 

 

Gibt es auch Punkte, die du in Bezug auf VR als kritisch ansiehst?

Stefan: Ein großer Punkt ist hier ganz klar der Datenschutz. Bisher sind die Anwendungen auf dem Markt noch nicht dafür ausgelegt, offiziell VR-Beratung durchzuführen und den Klienten und Klientinnen einen abgesicherten Raum anzubieten. Ich würde auch jedem davon abraten, VR-Beratung als abgesegnete Form gewerblich zu nutzen. Ich kann aber jeden dazu motivieren, VR für eigene Experimente auszuprobieren, denn es macht unglaublich viel Spaß. 

 

Wie siehst du die Zukunft von VR?

Stefan: Ich glaube, Technologien brauchen viel Zeit, um zu reifen. Und irgendwann kommen dann neue Anwendungen, sobald der Markt dafür bereit ist und die Menschen die Vorteile darin sehen. Genauso sehe ich das auch mit VR. Ich finde die Vorstellung erschreckend, wenn wir in einer Zukunft leben, in der wir uns nur noch Brillen vor die Augen klappen und uns in die digitale Welt fliehen. Ich hoffe, dass die Menschen VR dann nutzen, wenn es Mehrwert für sie liefert und sie Spaß daran haben. Ich glaube jedoch nicht, dass die Riesenbrillen langfristig bestehen werden. Aber ich denke, es wird sicher kleinere Möglichkeiten und neue Schritte für VR geben. 

 

Wie sieht es mit dir aus? Wirst du weiterhin VR für die Beratung nutzen?

Stefan: Ich bleibe weiterhin dran und verfolge, was passiert, weil ich es sehr spannend finde. Ich mache sehr gerne Beratung für alle Menschen, die das ausprobieren und erleben möchten. Da die Infrastruktur jedoch noch nicht gegeben ist, werde ich es nicht gewerbsmäßig anbieten. 


Stefan Wierzbitza

Sefan Wierzbitza

Stefan Wierzbitza ist systemischer Berater (DGsF) und in Hamburg in eigener Praxis selbstständig tätig. Hier berät er Einzelpersonen, Gruppen und Teams in Veränderungsprozessen. Sein Interesse gilt außerdem dem digitalen Wandel und dessen Bedeutung für die Beratung. Seit 2020 beschäftigt er sich intensiv mit dem Thema VR (Virtual Reality). Er erprobt VR in seiner Praxis und gibt seine Erkenntnisse in Workshops und Fortbildungen an andere Beratende weiter. Noch mehr Informationen zu Stefan gibt es auf seiner Homepage www.sehr-wahrscheinleich.de Stefan hat außerdem einen Video-Rundgang in VR erstellt. Das Video findest du hier: www.sehr-wahrscheinlich.de/vr-beratung/




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