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4 Fakten über die Teamkultur

Was du über die Teamkultur unbedingt wissen solltest

Christine | VISION SESSION | Die Vision führt uns an! - Der Podcast für visionäre Team- und Organisationsentwicklung


4 Fakten über die Teamkultur

 

 

Teamkultur ist die Basis jeder Entwicklung und Transformation  und das nicht nur in "Krisenzeiten". Obwohl sie so schwer greifbar ist, hat sie eine enorme Wirkung auf die Motivation der Mitarbeiter:innen und auf die Zusammenarbeit im Team.

 

Wenn wir Teams darin begleiten Veränderungen erfolgreich anzugehen, dann kommen wir nicht umhin, die Kultur in der Teamentwicklung zu berücksichtigen und sie aktiv in den Prozess miteinzubeziehen.

 

In diesem Artikel erzähle ich dir, was genau die Teamkultur ist und wie wir in der Kulturarbeit ansetzen können. Gemeinsam schauen wir auf 4 wichtige Fakten über die Teamkultur, die du in der Teamentwicklung berücksichtigen solltest.


1. Fakt über die Teamkultur:                                                   Die Teamkultur hat 3 Ebenen

In den letzten Jahren sind unzählige Modelle zur Team- und Organisationskultur entstanden. Eines der bekanntesten Modelle zur Kultur ist das Kulturebenen-Modell des Organisationpsychologen Edgar H. Schein (vgl. Schein/Schein 2010). Scheins Modell wurde auch in anderen Modellen aufgegriffen oder weiterentwickelt – wie z.B. auch im Rahmen der systemischen Beschreibung der Kultur nach Kolbeck und Nicolai (vgl. Kolbeck/Nicolai 1996).

 

Es fußt auf der Grundannahme, dass Kultur auf verschiedenen Ebenen in einer Organisation oder in einem Team zum Ausdruck kommt. Dabei unterscheidet Schein zwischen 3 Ebenen. Diese sind, ähnlich wie bei einem Eisberg, entweder sichtbar oder greifen so weit in die Tiefe, dass sie weder greifbar noch reflektierbar erscheinen.  

Sichtbare Ebene

Manchmal fragst du dich vielleicht, wie du für ein Team die Teamkultur sichtbar machen könntest. Aber: Die Teamkultur ist zu jeder Zeit sichtbar. In Scheins Modell finden wir an erster Stelle die sichtbare Ebene der Kultur. Diese beinhaltet – wie ihr Name schon sagt – alle Dinge, die wir sehen, hören oder anfassen können.

 

Auf der sichtbaren Ebene geben uns die Verhaltensweisen der Mitarbeitenden, die Strukturen und Prozesse, die Kleidung und die sprachlichen Äußerungen Aufschluss über die Kultur. Wer sitzt beim Teammeeting immer am Kopf des Tisches? Wem wird regelmäßig die Tür aufgehalten? Wie wird im Team kommuniziert? 

 

Auch die Nutzung von Technologien weist auf die Teamkultur hin, genauso wie das Vorhandensein von Parkplätzen für die Mitarbeiter:innen und die Kommunikation mit Kund:innen und Lieferanten. 

 

Die sichtbare Ebene liegt wie bei dem Eisberg in dem Schaubild über der Wasseroberfläche. Trotzdem gibt es hier ein kleines Manko. Denn was genau die Strukturen, Prozesse, die Kleidung der Mitarbeiter:innen und das Verhalten aussagen, bleibt interpretativ. Wir können hier nur spekulieren und Hypothesen bilden.

 

Etwas mehr Aufschluss über die Teamkultur finden wir eine Ebene tiefer.

Normen/Standars

Unterhalb der sichtbaren Ebene finden wir Normen und Standards. Hier sind die Werte eines Teams zu finden, genauso wie Verhaltensrichtlinien und Verbote.

 

Sagen wir, einem Team ist der Wert Pünktlichkeit sehr wichtig. Dieser wird im besten Fall auch in den Verhaltensrichtlinien zu finden sein. Wer unpünktlich ist, wird darauf hingewiesen, dass das nicht in Ordnung ist. 

 

Diese zweite Ebene befindet sich auf dem Schaubild mal über und mal unter der Wasseroberfläche. Wenn du mit einem Team an den Werten arbeitest, haben die Teammitglieder die Chance, ihre Werte „zu heben“ sowie sichtbar und kommunizierbar zu machen. 

Basisannahmen

Kommen wir nun zum Kern der Teamkultur. Diesen finden wir auf der dritten Ebene. Hier sind die sogenannten Basisannahmen eines Teams gebündelt. Die dritte Ebene wird auch Belief-System genannt. Hier finden wir die Grundannahmen über die Organisation wieder, über Arbeit, die Menschen und die Welt. Ist die Welt ein guter Ort oder eher gefährlich? Was gilt überhaupt als Arbeit und was nicht? Wie wird der Mensch gesehen? Die Antworten darauf finden wir in den tiefliegenden Basisannahmen.

 

Allerdings: Die Basisannahmen sind so tief verankert, dass sie nicht reflektiert und diskutiert werden. Sie gelten für die Mitarbeiter:innen als selbstverständlich (Die Welt ist nun mal so!).

Aus systemischer Sicht wird hier auch von den „unentscheidbaren Entscheidungsprämissen“ gesprochen (vgl. Luhmann 2006). Denn für die Annahmen über die Welt, über den Menschen und über Arbeit, wird hier nicht bewusst entschieden. 

2. Fakt über die Teamkultur:                                         Struktur, Werte und Basisannahmen beeinflussen sich gegenseitig

Kommen wir zum zweiten Fakt über die Teamkultur. Dieser besagt: Struktur, Werte und Basisannahmen beeinflussen sich gegenseitig. Was das konkret bedeutet? Nun, zum Beispiel, dass Basisannahmen die Struktur und die Verhaltensweisen eines Teams gestalten. 

 

Machen wir mal ein Beispiel: Gehen wir einmal davon aus, dass in einem Team die Basisannahme vorherrscht, dass Menschen kontrolliert werden müssen, damit sie überhaupt arbeiten. Zugegeben, das ist keine so freundliche Basisannahme. Aber sicherlich ist diese Annahme in so einigen Teams und Organisationen zu finden. 

 

Frag dich mal selbst: Würde ein Team, in dem so eine Basisannahme vorherrscht, auf ein Format wie Homeoffice setzen? Würde es diese Basisannahme möglich machen, dass die Mitarbeiter:innen von einem „unbeobachteten“ Ort aus arbeiten dürften? 

 

Mit Sicherheit nicht! 

 

Die Annahme würde eher dazu führen, dass Homeoffice oder freie Zeiteinteilungen nicht erlaubt wären. Es ist gut möglich, dass so ein Team (oder eine solche Organisation) auf Präsenzpflicht setzt. 

 

Dass diese Basisannahme übrigens keine Seltenheit ist, zeigt eine erst kürzlich veröffentlichte Studie von Bitkom. Dabei wurde untersucht, ob Unternehmen in der Zeit der Pandemie vermehrt Homeoffice nutzen. Ihr Ergebnis war überraschend: 22 % der Unternehmen nutzten kein Homeoffice, obwohl die technologischen Voraussetzungen dafür erfüllt waren. Die Mitarbeiter:innen waren trotz des Infektionsrisikos dazu verpflichtet, weiterhin täglich im Büro zu erscheinen. (vgl. Bitkom Research 2020)

 

Wir können uns denken, welche Rolle die Basisannahmen hierbei gespielt haben. 

 

Die gegenseitige Einflussnahme der einzelnen Ebenen kann jedoch auch umgekehrt erfolgen. Manche Teams haben Homeoffice auch einfach mal ausprobiert und dann festgestellt:

 

„Es funktioniert!“.

 

Ihre Basisannahmen haben sich dadurch verändert. 

 

Nach einer Studie des Zentrums für Europäische Wirtschaftsforschung (ZEW) haben rund ein Drittel der Unternehmen sogar in neue Technologien investiert, um Homeoffice während der Krise möglich zu machen. Rund 37% der Unternehmen wollen auch nach der Pandemie die Arbeitsform Homeoffice beibehalten. (vgl. ZEW Konjukturumfrage Informationswirtschaft 2020)

 

Hieran können wir sehen: Die Erprobung neuer Strukturen kann die Entstehung neuer Basisannahmen hervorrufen, die wiederum die neuen Strukturen verfestigen.

3. Fakt über die Teamkultur:                                                    Die Kultur ist kein Kollektiv

Recht häufig gehen wir davon aus, dass die Kultur sowas wie ein Kollektiv darstellt. Wir stellen uns vor, dass Teams ähnlich wie ein Fischschwarm funktionieren, in dem alle in die gleiche Richtung schwimmen. Die Realität sieht allerdings anders aus. 

 

Die Organisation als solche verfügt über Basisannahmen, über Strukturen, Prozesse, Werte, Verhaltensrichtlinien. Aber: In einer Organisation können sich in Teams, Abteilungen und an unterschiedlichen Standorten sogenannte „Subkulturen“ bilden.

 

Nehmen wir noch einmal das Beispiel Homeoffice: Vielleicht liegt in der Organisation die Basisannahme vor, dass Mitarbeiter:innen kontrolliert werden müssen, damit sie arbeiten. Die Organisation setzt daher nicht auf die Arbeitsform Homeoffice. Ein Team in der Organisation sieht das aber anders. Die Team-Mitglieder erproben Homeoffice und machen gute Erfahrungen damit.

 

Wenn die Organisation dieses „Andersdenken“ und „Andershandeln“ zulässt, besteht die Möglichkeit einer Subkultur. Das Team kann eigene Basisannahmen bilden, eigene Strukturen schaffen, eigene Werte leben, die dann von der Organisation „geduldet“ werden. 

 

Die Möglichkeit zur Bildung von Subkulturen liegt vor allem auch daran, dass Mitarbeiter:innen ganz eigene Werte und Basisannahmen über Arbeit und über die Welt haben. Im besten Fall stimmen die Werte und Basisannahmen allerdings mit denen der Organisation (oder des Teams) überein.          Denn eine zu starke Differenz führt eher zu Spannungen und zu einer erhöhten Fluktuation in Teams und Unternehmen. 

 

Halten wir also fest: Gleiche Werte und Basisannahmen führen daher noch immer zu stärkeren Kulturen, in denen sich Mitarbeiter:innen auch in der Organisation beheimatet fühlen können. 

4. Fakt über die Teamkultur:                                                Die Führungskraft hat einen enormen Wirkungsbereich

Auch wenn wir es gerne anders sehen würden: Die Führungskraft hat gerade beim Thema Kulturentwicklung einen enormen Wirkungsbereich.

 

Wenn du als Coach:in, als Trainer:in oder Berater:in mit einem Team an neuen Strukturen arbeitest, Werte hebst oder Basisannahmen reflektierst, entscheidet in herkömmlichen Teams und Unternehmen am Ende immer noch die Führungskraft, ob die neuen Strukturen erprobt und beibehalten werden. Oder ob alles beim Alten belassen wird.

 

Führungskräfte, wie Geschäftsführer:innen und Teamleitungen, haben in herkömmlichen Organisationen noch immer die Macht, Neuerungen anzustoßen und möglich zu machen oder bestehende Strukturen und Prozesse beizubehalten. 

 

Die Teamkultur ist daher immer auch ein Ausdruck der Werte und Basisannahmen der Führungskraft selbst. Diese Werte und Basisannahmen erlauben entweder Neuerungen oder sperren sich gegen diese. 

Ableitungen für die Entwicklung der Teamkultur

Halten wir an dieser Stelle noch einmal die 4 Fakten über die Teamkultur fest:

  1. Die Teamkultur hat 3 Ebenen
  2. Strukturen, Werte und Basisannahmen beeinflussen sich gegenseitig
  3. Die Kultur ist kein Kollektiv
  4. Die Führungskraft hat einen enormen Wirkungsbereich

Für deine Tätigkeit als Coach:in, Trainer:in, Berater:in ergeben sich dadurch Ableitungen zum Vorgehen in Teams. Gerade dann, wenn du mit Teams an der Teamkultur arbeiten willst. 

  • Für die Kulturarbeit in Teams musst du immer alle 3 Ebenen berücksichtigen: Sagen wir, du arbeitest mit dem Team an einer neuen Arbeitsstruktur. Um hier Kulturarbeit zu leisten, würdest du mit dem Team dann auch an den Werten arbeiten, die diese neue Struktur stützen. Das Team erhält so die Möglichkeit zu reflektieren, welche Basisannahmen sich hinter der neuen Struktur verbergen. Denn erst wenn ein Bewusstsein über die Werte und die Basisannahmen herrscht, haben neue Strukturen, wie beispielsweise Homeoffice, auch die Chance, etabliert und gelebt zu werden.
  • Sei dir bewusst, dass du mit Teams eine Subkultur erschaffen kannst: Das kann gerade dann passieren, wenn neue Strukturen erprobt werden, die in der Organisation unüblich sind. Diese neu erschaffene Subkultur kann in einem Spannungsverhältnis zur Organisationskultur stehen. Vielleicht bekommt das Team dadurch sogar Schwierigkeiten. Oder aber: Die neue Struktur - und die damit einhergehenden Werte und Basisannahmen - werden geduldet. Begleite das Team daher auch darin für sich zu ergründen, ob es diesen Weg gehen will.
  • Berücksichtige bei deiner Arbeit immer, dass die Möglichkeiten und Grenzen der Kulturentwicklung vor allem bei der Führungskraft liegen: Wir können dem Team noch so tolle Angebote zur Kulturentwicklung machen. Am Ende wird der Raum der Möglichkeiten von der Führungskraft bestimmt.

 

Auch wenn die Arbeit an der Teamkultur immer auch Wertearbeit bedeutet und die Berücksichtigung der Basisannahmen, sie lohnt sich allemal. Denn wie sollte sich eine neue Struktur etablieren können ohne Berücksichtigung der anderen Ebenen der Kultur? 

 

Mit diesem Artikel mag ich dir daher auch Mut machen: Probiere dich gerne darin aus, mit Teams vor allem an ihren Werten und Basisannahmen zu arbeiten. Der Entwicklungsprozess erhält so eine weitere Tiefe. Und genau dadurch werden Veränderung und Transformation erst möglich.

 

Viel Freude beim Erproben wünscht dir

Christine 


Quellen:

Bitkom Research (2020): Mehr als 10 Millionen arbeiten ausschließlich im Homeoffice. Weitere Informationen unter: https://www.bitkom.org/Presse/Presseinformation/Mehr-als-10-Millionen-arbeiten-ausschliesslich-im-Homeoffice

 

Kolbeck, C./Nicolai, A. (1996): Von der Organisation der Kultur zur Kultur der Organisation. Marburg: Metropolis-Verlag.

 

Luhmann, N. (2006): Organisation und Entscheidung. Wiesbaden: VS Verlag für Sozialwissenschaften.

 

Schein, E. H./Schein, P. (2010): Organisationskultur und Leadership. München: Verlag Franz Vahlen.

 

Zentrum für Europäische Wirtschaftsforschung (2020): ZEW Konjunkturumfrage Informationswirtschaft 2020. Weitere Informationen unter: 

https://www.zew.de/presse/pressearchiv/unternehmen-wollen-auch-nach-der-krise-an-homeoffice-festhalten


Christine Neumann

Hi, ich bin Christine Neumann 

systemische Supervisorin und Coachin, Host des Podcasts Die Vision führt uns an!, leidenschaftliche Visionärin und New Workerin. In den sozialen Medien findest du mich bei instagram: @visionscoachin und facebook: @visionscoachin



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