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Starke Teams - Diese 4 Prinzipien machen Teams stark || Teil 2

Christine | VISION SESSION | Die Vision führt uns an! - Der Podcast für visionäre Team- und Organisationsentwicklung


Die 4 Prinzipien starker Teams

 

Woran lassen sich eigentlich starke Teams erkennen? Nun, in diesen Teams sind die Mitarbeitenden motiviert. Sie bringen sich und ihre Fähigkeiten gerne ein. Noch dazu sind starke Teams in der Lage, natürlich zu wachsen. Sie können sich vergrößern und so ihre Wirksamkeit steigern.

 

Aber wie kommt es eigentlich dazu, dass manche Teams diese Stärke erreichen und andere wiederum nicht? Darüber geben uns die 4 Prinzipien starker Teams Auskunft.

 

Von zwei der Prinzipien habe ich dir bereits in der letzten Folge erzählt. Hier haben wir uns angeschaut, was Teammitglieder darin unterstützt, motiviert zu sein und zu bleiben. Heute gibt es zwei weitere Prinzipien für dich. Und mit diesen schauen wir uns an, wie Teams gut und ganz natürlich wachsen können.


Wachstum in Teams

Dass gerade Wachstum in Teams nicht einfach ist, erlebe ich in meiner Arbeit recht häufig. Denn gerade Wachstum bedeutet, dass neue Teammitglieder dazu kommen und dadurch eine ganz neue Dynamik entsteht. 

 

Reibereien und Konflikte können dadurch auftauchen, bis hin zu Ausgrenzungen von neuen Teammitgliedern. Manche Teams, mit denen ich gearbeitet habe, hatten so schlechte Erfahrungen mit dem Wachstum gemacht, dass sie keine neuen Teammitglieder mehr aufnehmen wollten. 

 

Ob das Wachsen in Teams gelingt, hängt allerdings nicht nur von Strukturen und Prozessen ab. In erster Linie sind es die Menschen selbst, die einen entscheidenden Unterschied für das Wachstum machen. Und damit geraten wir an die Haltungen und Werten der Zusammenarbeit. Gerade in Teams, in denen Wachstum spielend gelingt, zeigt sich, dass 2 besondere Prinzipien beachtet und gelebt werden. Und diese zwei Prinzipien finden wir in einer gemeinsam gelebten Haltung wieder.

 

Diese beiden Prinzipien ermöglichen Teams sich zu vergrößern. In Organisationen kann dadurch zum Beispiel auch ein neuer Standort entstehen oder ein neues Projekt. Auch das Thema Fusion spielt hier hinein. Diese Prinzipien starker Teams schauen wir uns jetzt einmal näher an.

 

Eine Anmerkung habe ich noch zur Orientierung für dich: Die ersten beiden der 4 Prinzipien starker Teams findest du in der vorherigen Folge. In der letzten Folge habe ich dir außerdem auch erzählt, woher die Prinzipien stammen. In dieser Episode stelle ich dir die Prinzipien 3 und 4 vor. 

Drittes Prinzip: Ältere Systemmitglieder haben Vorrang vor den jüngeren Systemmitgliedern

Bei der Betrachtung von Systemen fällt auf, dass diese gut wachsen können, wenn eine direkte Zeitfolge anerkannt wird. Das bedeutet, dass ältere Teammitglieder gewürdigt werden müssen, da sie bereits eine längere Zeit dem System angehören. 

 

Ihr Einsatz für das System - für die Organisation, für die Abteilung, für das Team - ist größer, da sie längere Zeit Teil des Systems sind. Da der Einsatz damit gegenüber Neuankömmlingen größer ist, sollte dieser auch gewürdigt und anerkannt werden. 

 

Aber nicht nur der Mehreinsatz verdient einer Würdigung. Bei Wachstumsprozessen in Systemen kommt es auch zu Raumverlusten. Insa Sparrer schreibt dazu:

 

"Wenn ein System wächst, wird denen, die bereits dazugehören, Raum genommen. Diesen Raumverlust gilt es auzugleichen [...] Daher sollten die, die vorher da waren, diesbezüglich gewürdigt werden." (Sparrer 2014, S. 116)

 

Für neue Systemmitglieder bedeutet das, dass sie älteren Teammitgliedern den Vorrang lassen und sich im besten Falle in das System einreihen. Aber was bedeutet dieses Einreihen? 

 

Es bedeutet nicht, dass sich neue Teammitglieder zurücknehmen, indem sie ihre Fähigkeiten und Kompetenzen nicht einbringen. Sondern viel mehr, dass sie sich in vorherrschende Strukturen, Abläufe und Prozesse einführen lassen und die Expertise der älteren Systemmitglieder anerkennen. 

 

Mitarbeitende empfinden häufig von selbst, dass eine Schieflage entsteht, wenn diese Würdigung ausbleibt. Wenn neue Teammitglieder beispielsweise die Vorgehensweisen der älteren Teammitglieder kritisieren oder ihnen sogar Vorgaben machen, entstehen nicht selten Reibereien und dysfunktionale Dynamiken. 

 

Gründe für eine ausbleibende Würdigung

Bei genauerer Betrachtung fällt auf, dass es nicht einfach ist, diese Würdigung in Teams und Organisationen vorzugeben. Wir sind nicht davor gefeit, dass die Würdigung durch das neue Teammitglied ausbleibt. Ob ein*e neue*r Kolleg*in die zeitliche Reihenfolge anerkennen will, können wir zu Beginn der gemeinsamen Zusammenarbeit nicht wissen. Und wir haben auch wenig Einfluss darauf.

 

Wir wissen nicht, welche genauen Gründe für die ausbleibende Würdigung vorliegen. Vielleicht hat der*die neue*r Kolleg*in etwas Wertvolles verloren, wie etwa den alten Arbeitsplatz. Vielleicht ist dieser Verlust noch nicht überwunden. Vielleicht fällt die Anpassung an ein neues System schwer. Oder es gibt private Schwierigkeiten. Möglicherweise hat der*die neue*r Kolleg*in zuvor eine höhere Position ausgefüllt und fühlt sich nun degradiert. Wir wissen es nicht. 

 

Aber - und ich sage hier ganz bewusst aber - es bleibt dabei, dass die Nichtwürdigung der zeitlichen Reihenfolge Irritationen im Team verursacht und eine Schieflage entstehen kann. Teams wiederum, in denen die Würdigung der zeitlichen Reihenfolge gelingt, wachsen problemlos. Langfristig entwickeln sie so einen Wettbewerbsvorteil auf dem Markt. 

 

Fusion in Teams und Organisationen

An dieser Stelle mag ich auch einmal das Thema Fusion in Teams und Organisationen aufgreifen. Denn gerade hier zeigt sich, wie schwer es sein kann, die zeitliche Reihenfolge mitzudenken. Manchmal werden Teams oder ganze Abteilungen zusammengelegt. Manchmal soll aus zwei Standorten ein Standort gemacht werden. Und manchmal wird aus zwei Betreiben, ein Betrieb.

 

Häufig denken wir, wir könnten bei der Zusammenlegung etwas ganz Neues (er-)schaffen. Neue Abläufe, neue Strukturen. Es soll quasi etwas Neues Drittes aus zwei bestehenden Systemen entstehen. In der Praxis funktioniert das leider nur recht selten - und wenn, dann mit ordentlicher Prozessbegleitung. 

 

Sehr viel häufiger ist zu beobachten, dass ein System von dem anderen verschluckt wird. Eines der beiden Systeme bleibt bestehen. Das andere passt sich an. 

 

Und auch hier kommt das Prinzip der zeitlichen Reihenfolge besonders zum Tragen. Die neuen Systemmitglieder müssen sich nun einreihen. Ihr eigenes System ist verloren gegangen. Wir können uns vorstellen, wie viel Abschied hier mitschwingt. Wie schwer es sein muss, sich dem neuen System gegenüber zu öffnen und sich diesem anzupassen. 

 

Vielleicht hat man als Mitarbeiter*in vorher selbst schon viele Jahre in dem Betrieb gearbeitet. Und nun gehört man nicht mehr zu den älteren Systemmitgliedern, die den Vorrang genießen. Nun wird man plötzlich selbst wieder zu einem jüngeren Systemmitglied. Das ist sicherlich nicht einfach. Und führt schlussendlich nicht selten dazu, dass Fusionen so konfliktträchtig sind.

 

Wenn außerdem nicht gleich zu Beginn kommuniziert wird, welches System nun zum Hauptsystem wird, geraten die Teammitglieder in Auseinandersetzungen. Denn dann fechten sie untereinander die Vorherrschaft aus. Wir können es dann in Team- und Organisationsentwicklungsprozessen mit den Phänomen des Widerstands zu tun bekommen. 

 

Sollte es sich bei der Zusammenlegung zweier Systeme also sowieso schon um ein jüngeres und ein älteres System handeln, dann lässt sich das Prinzip der zeitlichen Reihenfolge ganz besonders gut nutzen.

Viertes Prinzip: Das neue System hat Vorrang vor dem älteren System

Das vierte Prinzip beschreibt eine Ausnahme der zeitlichen Reihenfolge. Denn es besagt: Das neue System hat Vorrang vor dem älteren System. 

 

Okay, jetzt wird es kompliziert. Wie kann das sein?

 

Einfach verständlich wird dieses Prinzip, wenn wir es uns in der Praxis anschauen. Was passiert nämlich, wenn ein neuer Standort entstehen soll? Wenn eine Tochterfirma entsteht? Oder ein neues Projekt auf den Weg gebracht wird? Hierbei ändert sich die zeitliche Reihenfolge. Wir sprechen dann auch vom Prinzip der inversen Zeitfolge. Der neue Standort, die Tochterfirma, das neue Projekt, erhält plötzlich Vorrang vor dem älteren System.

 

Anstelle von Wachstum haben wir es hier mit dem Thema der Fortpflanzung zu tun. In Familien kommt es zur Einbeziehung dieses Prinzips, wenn ein Kind geboren wird. Denn das neue Familienmitglied braucht dann in besonderer Weise Zuwendung und allerlei Ressourcen. Genauso verhält es sich auch in Teams und Organisationen.

 

Neue Projekte, Standorte und Tochterfirmen können wir hier als eine Art Familienzuwachs bestehen. Das Neue braucht auch hier erst einmal ganz viel Zuwendung und Ressourcen. Personal. Zeit. Geld. All das sind Dinge, die es braucht, damit das Neue gestärkt werden kann und sozusagen überlebensfähig wird. 

 

In starken Teams und Organisationen ist dieses Prinzip eine Selbstverständlichkeit. Ganz selbstverständlich erhält der neue Standort dann eigenes Personal, genug Budget und Aufmerksamkeit.

 

Diese Selbstverständlichkeit ist jedoch nicht immer gegeben. Ich kenne ebenso Teams, die ein neues Projekt auf den Weg bringen wollen und dabei über keine weiteren zeitlichen Ressourcen verfügen. Oder auch Organisationen, in denen eine neue Abteilung entstehen soll. Aber es gibt kein Budget für neues Personal. Die Idee ist dann, dass das Neue ohne weitere Ressourcen erschaffen werden soll, was - du kannst es dir schon denken - einfach nicht gelingt.

 

Denn das neue Projekt, die neue Abteilung oder auch die Tochterfirma stellen im Endeffekt eine Veränderung dar, die mit all den Ressourcen, die es braucht, berücksichtigt werden muss. 

 

Wichtig ist bei diesem Prinzip zu wissen, dass es sich lediglich um eine vorübergehende Umkehr der Zeitfolge handelt. Ist das neue System stark genug - hat es also über einen gewissen Zeitraum mehr Ressourcen erhalten - sollte es sich wieder einreihen können. Das dritte Prinzip wird dann relevant. Das ältere System hat dann wieder Vorrang vor dem jüngeren System. 

 

Wann das genau so weit ist, gestaltet sich in Teams und Unternehmen recht unterschiedlich. Hierbei ist auf die Beschreibungen von Teammitgliedern in Teamentwicklungsprozessen zu achten. Wann ist die Unterstützung genug? Wann empfindet sich der neue Standort als selbstständig? Wann ist das neue System also stark genug, um sich einzureihen?

Ableitungen für die Teamentwicklung

Wie lassen sich diese Prinzipien nun für unsere Arbeit nutzen? Bereits in der letzten Folge habe ich dir Fragen vorgestellt, die in die Teamentwicklung einfließen können. Mit diesen Fragen lässt sich gut abklopfen, wo das Team gerade steht. Welche Prinzipien bereits integriert sind und gelebt werden. Oder auch, an welchen Stellen mögliche Irritationen zu finden sind, an denen die Teammitglieder dann im gemeinsamen Prozess arbeiten können. 

 

Die Fragen zu den Prinzipien, die ich dir hier in dieser Folge vorstellen, lassen sich vor allem dann nutzen, wenn ein Team wächst. Wenn also neue Kollegen und Kolleginnen hinzugekommen sind. Aber auch dann, wenn sich das Team - oder die ganze Organisation - fortpflanzt. Und in diesem Sinne eine neuer Standort, eine neue Abteilung, ein neues Projekt entstanden sind. 

Ältere Systemmitglieder haben Vorrang vor den jüngeren Systemmitgliedern

Um zu schauen, ob dieses Prinzip im Team gelebt wird, können wir folgende Fragen in der Teamentwicklung einbinden:

  • Wer ist wie lange im Unternehmen beschäftigt? Wer ist wie lange im Team?
  • Können die neuen Teammitglieder auf die Erfahrungen und auf die Unterstützung der älteren Teammitglieder zurückgreifen?
  • Wie verläuft die Einarbeitung im Team? Wer gibt sein Wissen zu den Abläufen, den Strukturen und zu den Inhalten an wen weiter?
  • Werden die älteren Teammitglieder in ihren Erfahrungen und in ihrer längeren Zugehörigkeit zum System von den jüngeren Teammitgliedern anerkannt und gewürdigt?
  • Werden die älteren Teammitglieder in ihren Erfahrungen und in ihrer längeren Zugehörigkeit zum System von der Leitung gewürdigt?
  • Sind die neuen Kolleg*innen bereit, sich einführen zu lassen? Was klappt hierbei schon gut? Welche Herausforderungen gibt es hierbei?
  • Wie kann ganz allgemein Bewährtes gegenüber dem Neuen gewürdigt werden?

Das neue System hat Vorrang vor dem älteren System

Sollte ein neuer Standort, eine neue Abteilung, ein neues Projekt entstanden sein, können wir folgende Fragen in den Teamentwicklungsprozess integrieren:

  • Was braucht der neue Standort, die neue Abteilung, das neue Projekt, um stark werden zu können?
  • Ist genügend Budget, Personal, Aufmerksamkeit vorhanden?
  • Muss bei der Planung von Budget, Personal, Aufmerksamkeit nachjustiert werden?
  • Ist der Vorrang des jüngeren Systems noch angebracht? Oder ist es bereits stark genug geworden?

Zum Schluss

Ja, das waren sie auch schon, die beiden Prinzipien, die Teams stark machen. Die bei Wachstum und Fortpflanzung in Teams und Organisationen relevant werden.

 

Wenn in Teams beachtet wird, dass ältere Teammitglieder Vorrang haben vor jüngeren Teammitgliedern, dann können sie ganz stark und selbstverständlich wachsen. Denn sie würdigen damit die längere Zugehörigkeit und das Bewährte im Team.

 

Und wenn in Teams und Organisationen das Prinzip integriert ist, dass jüngere Systeme - wie neue Abteilungen, neue Standorte und neue Projekte - erst einmal Vorrang haben vor den älteren Systemen, dann sind Teams und Organisationen dazu auch noch sehr gut in der Lage, sich fortzupflanzen und zu expandieren. Auch das macht sie also stark.

 

In diesem Sinne mag ich dich herzlich einladen, die Fragen zu den Prinzipien in der Team- und Organisationsentwicklung zu erproben. Zum Beispiel dann, wenn du das nächste Mal in ein Team gerufen wirst, dass sich durch neue Teammitglieder erweitert hat. Aber auch in Fusionsprozessen und in Teams, in denen gerade neue Projekte entstehen.

 

Und falls du eher in Teams gerufen wirst, in denen sich die Teammitglieder wenig motiviert zeigen, ein hoher Krankenstand oder auch Fluktuation herrschen, dann schaue gerne auch noch einmal in die letzte Folge hinein. Denn in der letzten Folge gibt es zusätzlich auch noch die passenden Fragen zu den ersten beiden Prinzipien. 

 

Bis zum nächsten Mal, hab eine gute Zeit! 

Christine


Literatur


Daimler, R. (2008): Basics der Systemischen Strukturaufstellung. Eine Anleitung für Einsteiger und Fortgeschrittene. München: Kösel-Verlag.

 

Sparrer, I. (2014): Wunder, Lösung und System. Lösungsfokussierte Systemische Strukturaufstellung für Therapie und Organisationsberatung. Heidelberg: Carl-Auer.


Christine Neumann

Hi, ich bin Christine Neumann 

systemische Supervisorin und Coachin, Host des Podcasts Die Vision führt uns an!, leidenschaftliche Visionärin und New Workerin. In den sozialen Medien findest du mich bei instagram: @visionscoachin und facebook: @visionscoachin



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